Herbst und Winter gelten für manche Menschen als „schlechte Jahreszeiten“. Weit gefehlt, denn sie sind ganz schön cool – mit der richtigen Ausrüstung. Während Kälte, Eis und Schnee modische Alltagsschuhe alt aussehen lassen, steht man mit einem funktionellen Outdoor-Schuh gut da – und läuft darin noch besser.
Text: Ralf-Stefan Beppler, Wandermagazin
Ein Wanderschuh braucht Platz, damit die Zehen beim Bergabgehen nicht vorne anstoßen (das schmerzt und verhindert den Wandergenuss). Die Faustregel lautet: gut eine Daumenbreite „Luft“ vor dem längsten Zeh. Am besten probiert man den Wanderschuh beim Kauf gleich mit einer gepolsterten, also etwas dickeren Socke an. Die Luft im Schuh hilft auch im Winter, denn stehende Luft ist der beste Isolator. Und wenn man noch eine Socke mit hohem Merinoanteil trägt, kommt man gut durch die kalten Monate. Einen Fehler sollte man nicht machen: Eine zweite Socke für vermeintlich mehr Wärme hat meist den gegenteiligen Effekt, weil sie dem Fuß die Luft raubt. Wer Bedenken hat oder schnell zu kalten Füßen neigt, sollte auf einen Winterwanderschuh umsteigen.
Auch andere Hersteller bieten winterfeste Schuhe an, die jedoch keine speziellen Winterschuhe sind. Auch hier ist das Kennzeichen eine hochwertige Markenlaufsohle und eine herausnehmbare Innensohle (optional muss man eine isolierende Einlegesohle kaufen). Wichtig: Angespritzte Polyurethan(PU)- oder Thermoplastisches-Polyurethan(TPU)-Sohlen bieten auf nassem oder eisigem Untergrund wenig Halt und sind Kennzeichen von „Warmwetterschuhen“.
Es gibt sie tatsächlich, die sogenannten Ganzjahreswanderschuhe. Dabei kombinieren Hersteller Winterelemente mit einem hochwertigen „normalen“ Wanderschuh. Meindl etwa macht eine „365-Tage“-Serie. Dahinter verbergen sich Wanderschuhe mit auswechselbarer Einlegesohle. Für die meiste Zeit des Jahres reicht die normale Einlegesohle. Wird es wirklich kalt, lässt sich diese durch eine mitgelieferte Lammfellsohle austauschen. Der Ganzjahresschuh hat eine speziell angepasste Vibram-Laufsohle, die bei Kälte nicht aushärtet und geschmeidig bleibt, bei Wärme aber trotzdem abriebfest ist.
Stichpunkt Profil
Winterwanderschuhe sind speziell für kalte Temperaturen entwickelt. Das betrifft auch die Sohle. Je höher der Gummianteil, desto weicher und rutschfester die Sohle. Aber: Je höher der Gummianteil, desto schneller läuft sich die Sohle ab. Entscheidend ist das perfekte Verhältnis von Rutsch- und Abriebfestigkeit. Wie das lautet, ist das Betriebsgeheimnis der Sohlenhersteller. Das Profil spielt für die Traktion einer Sohle eine wichtige Rolle. Wanderschuhe haben ein grobes, asymmetrisches Profil. Durch die Flexion des Schuhs beim Laufen löst sich Dreck von der Sohle. Die „Bisskante“ am Absatz sorgt für Griffigkeit beim Bergabgehen. Winterschuhe haben Sohlen mit breiten Kerben für Nässeverdrängung, so dass man „trockener“ auftritt.
Beimischungen
Wird es glatter, braucht es zusätzlichen Halt. Bei manchen Wintersohlen sind rutschfeste Zusätze wie mikroskopische Glasfasern oder Metallpartikel in der Sohle integriert. Diese sorgen für eine rutschhemmende Oberflächenspannung. Klassiker dieser Technologie sind die Hypergrip/Hanwag „IceLock/IceGrip“ Sohle und die Vibram-Sohle „Arctic Grip“. Der Vorteil dieser Zusätze: Man spürt sie nicht und hat doch mehr Halt, wenn es glatt wird.
Wanderschuhe sind innen gefüttert. Bei Lederschuhen besteht das Futter häufig aus angenehmem Weichrindleder. Synthetik- oder Membranschuhe haben meist ein atmungsaktives Synthetikfutter. Das allein sorgt schon für etwas Isolation und ist für unsere Breiten meist ausreichend. Winterwanderschuhe können mit Lammfell gefüttert sein oder sie haben zwischen Obermaterial und Futter eine zusätzliche Isolierung, z. B. aus Thermore, PrimaLoft® oder Thinsulate. Diese Schuhe isolieren bei Temperaturen von –20°C bis –40°C.
Hochwertige Outdoor-Schuhe bieten nicht nur Funktionen, die Alltagsschuhe nicht leisten können, sie sind vor allem Komfortmonster. Das liegt am Gesamtkonzept aus Sohlenaufbau, Schaft und sorgfältiger, handwerklicher Verarbeitung. Komfort ist wichtig, weil Outdoor-Schuhe für Aktivitäten gemacht sind, bei denen man sich auch in unwegsames Gelände begibt. Doch auch im Alltag kann man seine Füße mit diesem Laufkomfort verwöhnen.
Die meisten hochwertigen Outdoor-Schuhe stammen von traditionellen Schustermarken. In ihnen steckt echtes Schusterhandwerk und das bedeutet, dass sie 1. aus hochwertigen Materialien gemacht wurden, dass sie 2. robust sind und dass man 3. fast alles an dem Schuh reparieren kann. Hochwertige Outdoor-Schuhe sind damit auch weitaus nachhaltiger als „normale“ Schuhe.
Ob man einen wasserdichten Schuh braucht, kommt auf den Einsatz und die Pflegebereitschaft an. Schuhe mit Membran (GoreTex, Sympatex, OutDry, Eigenmembranen) sind wasserdicht. Membran bedeutet aber auch, dass der Klimakomfort trotz der Atmungsaktivität nicht so gut ist wie bei einem membranlosen Schuh. Synthetikschuhe ohne Membran sind luftiger, allerdings nicht wasserfest, geschweige denn dicht. Dringt Nässe in den Schuh, besteht die Gefahr, dass man kalte Füße bekommt.
Hochwertige Lederschuhe mit Lederfutter bieten guten Klimakomfort. Sie sind zwar nicht wasserdicht nach DIN, aber man bekommt sie „gebrauchsdicht.“
Das setzt jedoch voraus, dass man sie pflegt und regelmäßig wachst. Das braucht Disziplin, doch Schuh und Fuß danken es.
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